Fit im Winter

Winter ist Yin-Zeit, es ist dunkel und kühl, die Energie sinkt und kommt zur Ruhe. Die Yang-Energie wandert ins Innere und bleibt dort bis zum Frühling. Die Blätter fallen, manche Tiere suchen sich einen warmen Ort, haben sich Vorräte angelegt oder fliegen in den Süden.

Der Winter ist die Zeit des Bewahrens, Bevorratens, Aufbewahrens (im Chinesischen „cang“ 藏), so wie das Getreide im Herbst geerntet und in einen Speicher eingelagert wird. Der Winter „dong“ 冬 bedeutet soviel wie Ende “zhong“ 终” . Das ist der letzte Abschnitt des Jahres, die „älteste“ und „weiseste“ Jahreszeit, der Abschluss und gleichzeitig Übergang und Vorbereitung auf den Wiederbeginn im Frühling. In dieser Zeit hört man am besten, sich selbst und seinen Körper, aber auch andere Menschen. Jedes Geräusch wird verstärkt, weil es so still ist, weil die gesamte Natur steht, auch im übertragenen Sinn. Passend dazu sind im Winter in China wie im Westen die großen Familienfeierlichkeiten wie Neujahr, Weihnachten, Fasching, Frühlingsfest. Die chinesische Alltagskultur ist uns manchmal so frappierend ähnlich, viele Gewohnheiten und Sprichwörter sind fast identisch, manches ist aber auch überraschend anders.

Der Winter ist eine Zeit des Nachdenkens, des Sich-Zurückziehens, Regenerierens und Reflektierens, im Übermaß der Besorgnis, Mattigkeit und Niedergeschlagenheit. Man liebt nährende, „warme“ Nahrungsmittel wie Kartoffeln, Wurzelgemüse, Kohl, Lauch, dunkles Fleisch, Knoblauch, Ingwer, Süßes und sauer Eingelegtes. Den unteren Teil des Körpers sollte man gut warm halten, den Kopf dagegen kühl. Man geht früh ins Bett und steht etwas später auf. Qigong-Übungen macht man erst, wenn die Sonne über den Horizont kommt. Allzu heftigen Sport sollte man meiden, aber keine Bewegung und nur hinter dem Ofen zu sitzen, ist auch nicht gesund.

Am 7. November 2021 beginnt in China der Winter
立冬:
Feiner Regen erzeugt Kälte
Vor dem Hof fallen Blätter
Im Pfirsichblüten-Quell
duften die Pflaumenblüten

Winter ist Nieren-Zeit. Die Nieren – der Ursprung des Lebens, das Wassers, der salzige Geschmack, aber nicht zuviel, der Norden, das Ursprung-Qi, das „Jing“ 精, die „Essenz“, die mit der Reproduktion, der Entwicklung und des Alterns zusammenhängt. Fast alles abwärts der Nieren korrespondiert dazu: die Blase, der untere Rücken, das Becken, die Knie, die Füße und – Überraschung – die Ohren.

Im Winter tut man gut daran, das Nieren-Yin und -Yang zu stärken mit entsprechender Lebensweise, passenden Nahrungsmitteln und kleinen Bewegungsübungen. Warme Fuß- und Sitzbäder am Abend tun gut, fleißig die Ohren und den unteren Rücken massieren ebenfalls. Häufige heiße Bäder oder Duschen sollte man meiden, da es die Yang-Energie aus dem Körperinnern an die Oberfläche treibt. Generell tut alles gut, was den natürlichen Lauf der Natur unterstützt, also alles, was das Yang im Innern hält, die Energie bewahrt und absinken lässt, wärmt, vor allem die Nieren, Süßliches wie Kraut, Kartoffeln, Kürbis tun der Verdauung gut, Bitteres und Saures dem Herz-Qi, Kaltes wie Zitrusfrüchte sollte man meiden.

Eigentlich ganz einfach, wenn man die natürlichen Vorgänge so gut beobachtet und in ein harmonisches System bringt wie die Chinesen. Mit der Natur gehen, nicht gegen sie. Wer sich mit der Natur anlegt, hat schon verloren.

Zum Abschluss noch zwei herrlich einfache Nierenübungen:

  1. Knie wärmen: Hände aneinander reiben bis Wärme entsteht. Füße parallel stellen, etwas in die Knie gehen und die Hände auf die Knie legen, bis sie warm sind. Dann bis in die Füße, bis zur „Springenden Quelle“ spüren und mit den Knien verbinden. Genauso in die andere Richtung bis in den unteren Rücken und die Nieren spüren. Wenn die Verbindungen hergestellt sind, die Knie rotieren lassen, 9x nach links und 9x nach rechts (18x oder 36x geht natürlich auch). Füße, Beine, Becken, Beckenboden, unterer Rücken und Nieren müssten sich nun angenehm warm anfühlen.
  2. Das ursprüngliche Qi fließt ins Meer („Yuanqi ruhai“ 元气入海): Hände auf den unteren Bauch legen, einatmen, Atem anhalten und 3x in jede Richtung drehen. Die Hände vor der Brust zusammenlegen und aneinander reiben bis sie warm sind, dabei in die Nieren einatmen. Dann die warmen Hände auf die Nieren legen bis die Wärme in den Nieren spürbar wird und super angenehm den unteren Rücken und die Beine nach unten läuft, dabei ausatmen und Speichel schlucken. Wieder in die Nieren einatmen, Atem anhalten und mit der flachen Hand die Nieren reiben, 9x nach oben und unten. Wieder ausatmen. Insgesamt 3x. Danach das Becken drehen, 3x nach rechts, 3x nach links. Auf dieselbe Art folgen noch Nieren im Kreis reiben und Nieren mit der Faust klopfen, aber nicht zu stark reiben oder klopfen. Das Bewusstsein ist auf die Nieren, Beine, Füße gerichtet, der Atem füllt die Nieren und den ganzen Körper. Auch als Partnerübung sehr gut geeignet.
Teehaus im Schnee 雪中茶室
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